Das Diskussionspapier des SPD-Landesvorstands zur Zukunftsdebatte „Brandenburg 2030“ hat auch die Frage der zukünftigen Kreisstrukturen im Land wieder aufegworfen. Auch ich habe mich als Landtagsabgeordneter und Fraktionsvorsitzender dazu geäußert, wie heute auch in der MAZ zu lesen war.
In den letzten Monaten ist die Debatte um die Verwaltungsstrukturen im Land intensiver geworden. Auch wenn es bisher weder im Landtag, noch in der Landes-SPD Festlegungen zu zukünftigen Strukturen gibt, deutet sich doch an, dass in der nächsten Legislaturperiode ab 2014 eine neue Gebietsreform kommen wird, die spätestens bis 2019 wirksam würde. Konsens in allen Fraktionen ist, dass freiwillige Fusionen auf Kreis- und Gemeindeebene unterstützt werden sollen. In vielen Regionen des Landes wird vor Ort eine Notwendigkeit gesehen, neue Strukturen zu schaffen. So gibt es auf Kreisebene Fusionsüberlegungen im Bereich Prignitz/Ostprignitz-Ruppin, Uckermark/Barnim und Cottbus/Spree-Neiße.
Vor diesem Hintergrund halte ich es aus Sicht von Brandenburg an der Havel für falsch, sich allein auf die Verteidigung der Kreisfreiheit zu fokussieren. Wir sollten uns vielmehr aktiv in die Debatte einbringen, um Brandenburg an der Havel als Oberzentrum zu stärken.
Bereits mehrfach habe ich gesagt, dass die einfache Vereinigung von Brandenburg mit Potsdam-Mittelmark (oder dem Havelland) noch nicht die Probleme der Stadt lösen würde, insbesondere nicht die finanziellen. Hier gibt es bisher auch keine überzeugenden Studien, die das Gegenteil belegen können. Allerdings sehe ich unter drei Voraussetzung denkbare Vorteile für unsere Stadt aus einer Gebietsreform:
- Als Kreisstadt eines großen Landkreises (zum Beispiel ein erweitertes Havelland) wäre die oberzentrale Funktion gestärkt.
- Das Land müßte sich zeitgleich mit erheblichen Beträgen an einer nachhaltigen Haushaltskonsolidierung der Stadt beteiligen. Das ist auch im Interesse des Landes, denn auch kommunale Schulden sind Staatsschulden.
- Brandenburg an der Havel sollte weiterhin einen Sonderstatus behalten, um sich von den „normalen“ kreisangehörigen Städten abzusetzen. Dies könnte etwa der Verbleib wichtiger Aufgaben in kommunaler Zuständigkeit, die weitere Betreuung durch die Landeskommunalaufsicht oder (psychologisch wichtig) den Erhalt des „BRB“-Autokennzeichens und des Titels „Ober“-Bürgermeister betreffen.
Diese und andere Positionen wird die Stadt nicht erreichen, wenn man sich hier aus der Debatte heraushält und in einer Wagenburg-Mentalität nur den Konflikt zum Land schürt. Die Entscheidungen werden nicht hier, sondern letztlich im Rahmen einer Gesamtstruktur im Landtag getroffen werden. Einen verfassungsrechtlichen Bestandsschutz für die Kreisfreiheit gibt es nicht, wie im August gerade erst für Mecklenburg- Vorpommern das dortige Landesverfassungsgericht entschieden hat.
Durch das Papier des Landesvorstandes gibt es Anlass, das Thema in den nächsten Monaten intensiv auch im Unterbezirksvorstand zu diskutieren. Wir sollten damit auf der nächsten regulären Sitzung beginnen. Ich weiß, dass manche den aktuellen Zeitpunkt wegen der Oberbürgermeisterwahlen für ungünstig halten. Durch die vom Landesvorstand am Montag landesweite eröffnete Debatte ist aber das Thema ohnehin gesetzt. Zudem hat sich die SPD nie gescheut, auch (scheinbar) unpopuläre Dinge anzusprechen. Dies ist für mich eine Frage der Offenheit und Ehrlichkeit. Tiemanns Gemeinsamkeitsgefasel im Zusammenhang mit dem Thema ist dagegen kurzsichtig und verlogen.